Postdiskektomie-Syndrom (PDS/FBSS)
Beim Postdiskektomie-Syndrom handelt es sich um anhaltende Schmerzen nach wirbelsäulenchirurgischen Eingriffen oder Schmerzen, die als Operationsfolge postoperativ neu aufgetreten sind.
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Das Postdiskotomiesyndrom (PDS) oder das Failed Back Surgery Syndrome (FBSS) ist eines der größten schmerzmedizinischen Probleme.
Leider ist die Erfolgsrate für wirbelsäulenchirurgische Eingriffe nicht so gut wie wir sie uns wünschen würden, so dass viele der an der Wirbelsäule operierten Patientinnen und Patienten ausgeprägte und schwer zu behandelnde chronische Schmerzen entwickeln. Ein großer Teil wirbelsäulenchirurgischer Eingriffe wird daher auch von führenden Orthopäden und Neurochirurgen als wenig sinnvoll und sogar gefährlich bewertet. Die Gefahr chronische Schmerzen zu entwickeln, steigt nach jedem weiteren Eingriff im Bereich der Wirbelsäule.
Was können Ursachen für anhaltende Schmerzen sein?
- Die eigentliche Ursache ist durch den Eingriff nicht beseitigt worden.
- Nach dem Eingriff kam es schnell zum „Nachrutschen von Bandscheibengewebe“ oder es wurde ein zu großer Bandscheibenrest zurückgelassen.
- Der Eingriff selbst hat zu Schädigungen von Nerven, Muskeln und Fasziengewebe geführt.
- Eingebrachtes Material führt zu Reizungen der Nervenwurzeln und der Knochenhaut.
- Als Operationsfolge kann eine Instabilität der Wirbelsäule in dem betreffenden Abschnitt resultieren, die Beweglichkeit des betroffenen Wirbelsäulenabschnittes ist verändert.
- Eine Narbenbildung im Operationsbereich verhindert die Beweglichkeit der Schutzhüllen des Rückenmarkkanals.
- Entzündungsprozesse laufen an den Rückenmarkshüllen, verbliebenem Bandscheibenmaterial oder dem Wirbelkörper ab.
- Die Operation hat zu einer Instabilität der Gesamtwirbelsäule geführt.
Wie zeigt sich ein PDS/FBSS?
Die Schmerzen können entlang der Versorgungsgebiete der Wirbelsäulennerven in typischer Weise brennend, elektrisierend und scharf ins Bein ziehend sein oder sich dumpf, drückend und sehr lokalisiert in der Wirbelsäule bewegungsabhängig manifestieren. Häufig kommt es zu einer Mitbeteiligung des Nervensystems mit elektrisierendem Kribbeln, nächtlichen Wadenkrämpfen und einem unangenehmen Kältegefühl.
Die Rolle der Schmerztherapie ist es, den Schmerz auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, um den Betroffenenaktivierende Therapien zu ermöglichen. Eine völlige Beschwerdefreiheit ist meist nicht zu erreichen! Injektionen und invasive rückenmarksnahe Verfahren können vorübergehend, manchmal auch etwas länger zu einer Verbesserung führen, sollten aber immer sehr kritisch und erst nach sorgfältiger neurologischer und manual-therapeutischer Diagnostik eingesetzt werden. Eine kontinuierliche aktivierende und konditionierende Physiotherapie und schmerzpsychotherapeutische Behandlung ist langfristig oft die wirksamere Therapiestrategie.
Medikamentöse Behandlung
Zur medikamentösen Schmerzbehandlung steht uns eine große Bandbreite von Medikamenten zur Verfügung. Leider gibt es aber in der Regel kein Medikament, das die Wünsche der Erkrankten nach Schmerzlinderung und geringen Nebenwirkungen auf Dauer erfüllt und nicht selten lässt die Wirkung vieler Schmerzmittel im längeren Verlauf nach.
Entzündungshemmende Schmerzmittel aus der Gruppe der Rheumamedikamente haben für die Behandlung akuter entzündungsbedingter Schmerzzustände eine große Rolle in der Praxis, sind aber für einen Langzeiteinsatz durch ihre starken Nebenwirkungen und ihre Risiken für Niere, Herz, Magen und Darm eher kritisch zu beurteilen. Muskelentspannende Medikamente sind nur bei wenigen Betroffenen erfolgreich und verlieren im Verlauf der Behandlung ebenfalls schnell ihre Wirksamkeit.
Häufiger werden heute die sogenannten Opioide eingesetzt, die zwar vergleichsweise seltener organtoxische Nebenwirkungen auf Niere, Magen-Darm-Trakt, Herz und Kreislaufsystem haben, aber bezüglich ihrer Abhängigkeitsproblematik nicht unterschätzt und unkritisch gesteigert werden können (z. B. Tramadol, Tilidin, Morphin, Oxycodon, Hydromorphon, Fentanyl, Tapentadol und Buprenorphin).
Schmerzdistanzierende Antidepressiva haben einen hemmenden Einfluss auf das schmerzleitende Nervensystem (z. B. Doxepin, Amitriptylin, Trimipramin, Duloxetin) und unterstützen so gut die medikamentöse Schmerzbehandlung. Örtliche Betäubungen mit Lokalanaesthetika sind sinnvoll, wenn Schmerzen im Bereich der kleinen Wirbelgelenke bestehen oder wenn schmerzhafte Muskelverspannungen behandelt werden sollen. Im Einzelfall werden auch rückenmarksnahe und nervennahe Medikamentengaben vorgenommen.
Physikalische Therapie des Postdiskektomiesyndroms
Ein sehr wichtiger Bestandteil einer komplexen Schmerzbehandlung sind physiotherapeutische Verfahren, die vor allem langfristig die Statik, die Flexibilität der Wirbelsäule verbessern.
Die Muskulatur der Wirbelsäule und des Rumpfes muss angeregt, trainiert und konditioniert werden, da nur eine leistungsfähige und nervlich gut angesteuerte Muskulatur die schmerzarme Beweglichkeit des Achsenorgans gewährleisten kann. Neben der ganz allgemeinen Aktivierung versuchen wir, Betroffenen geeignete Selbstübungen zu vermitteln, die auch zu Hause regelmäßig angewendet werden können.
Weitere Therapiemaßnahmen
Akupunktur, Schröpfen und die Therapie mit medizinischen Blutegeln werden bei uns intensiv zur Behandlung der Schmerzen nach wirbelsäulenchirurgischen Eingriffen eingesetzt.
Besonders wertvoll und wirksam für die Behandlung von Rückenschmerzen sind Entspannungsverfahren. Aus diesem Grund legen wir viel Wert darauf, dass unsere Patientinnen und Patienten in der Zeit des stationären Aufenthaltes Entspannungsverfahren erlernen und diese später auch in ihrem Alltag einsetzen können.