Chronischer Rückenschmerz

Chronische Rückenschmerzen können unter anderem auf Muskel-Faszien-Störungen und Erkrankungen der kleinen Wirbelgelenke zurückzuführen sein. Aber auch andere Erkrankungen können Rückenschmerzen verursachen.

Was ist ein chronischer Rückenschmerz?

Chronische Schmerzen in den verschiedenen „Etagen“ unserer Wirbelsäule sind in der Bevölkerung sehr häufig, insbesondere im Bereich der Lendenwirbelsäule und des Nackens. Hintergrund hierfür können Muskel-Faszien-Störungen, aber auch Erkrankungen der kleinen Wirbelgelenke, der Bandscheiben, der Wirbelkörper, der Spinalnerven und des Rückenmarks, der Psyche und Entzündungsprozesse sein. Es ist wichtig, dass bei länger anhaltenden Rückenschmerzen eine umfassende Anamnese und Diagnostik durchgeführt wird, da Rückenschmerzen auch durch sehr ernste internistische, chirurgische, gynäkologische und urologische Erkrankungen verursacht werden können.

Neben sogenannten „spezifischen Rückenschmerzen“, die auf ganz konkreten Strukturpathologien beruhen, gibt es die häufig vorkommenden „unspezifischen Rückenschmerzen“, bei denen keine wegweisenden Strukturpathologien gefunden werden. Bei den „unspezifischen Rückenschmerzen“ finden wir typischerweise psychosoziale Auffälligkeiten und Belastungen, z.B.:

  • übertriebene körperliche Schonung (Vermeidungsverhalten) und Muskelabbau
  • verstärkte Aufmerksamkeit für körperliche Vorgänge und Katastrophisieren (Somatisierung)
  • ständige körperliche Überlastung bei geringer Selbstwahrnehmung/Selbstfürsorge
  • Unzufriedenheit mit dem Arbeitsplatz, Kränkungen, Mobbing, Arbeitslosigkeit
  •  Überforderungserleben und Resignation
  • chronische Erschöpfung, Depressionen und Ängste
  • akute Belastungsreaktionen und Trauer

Wenn einige dieser Verhaltensweisen und Aspekte auftreten, kann dies zu einer Veränderung der aufsteigenden Schmerzreizverarbeitung und der absteigenden zentralen Schmerzhemmung führen. Das medizinische und das soziale System können die Chronifizierung begünstigen, z.B. durch eine Überbewertung radiologischer Befunde, durch passive Therapiemaßnahmen („Massagen“) und lange Krankschreibungen.

Diagnostik

Die Basis bildet immer die allgemeine und spezielle Anamnese, also einerseits die Fragen nach:

  • Familie, Partnerschaft, Freundschaften
  • Beruf, Hobbies, Freizeitverhalten
  • Essverhalten, Bewegungsverhalten

und andererseits Fragen nach:

  • Lokalisation und Ausbreitung der Schmerzen
  • zeitliches Muster der Schmerzen
  • exakter Schmerzcharakter (stechend, ziehend, reißend oder brennend und einschießend)
  • Schmerzstärke (0-10)
  • Ausfälle und Beeinträchtigungen (welche Bewegungen können nicht mehr richtig durchgeführt werden)
  • was lindert und was verstärkt die Schmerzen

In der Regel verwenden wir hierfür einen umfassenden Schmerzfragebogen, um nichts zu übersehen und alle wichtigen Aspekte im Blick zu haben.

Darauf folgt eine allgemeine, orientierende und gezielte neurologische und orthopädisch-manualtherapeutische Untersuchung. Hierbei kann relativ sicher herausgefunden werden, inwieweit ein neurologisches Defizit besteht oder in welcher Region bzw. welchem Segment eine Störung vorliegt, ob es sich um eine myofasziale Störung oder um ein neuropathisches Schmerzmuster handelt. Idealerweise erfolgt sogleich eine Probebehandlung, z.B. eine Schröpfbehandlung, eine Mobilisation, Schütteltraktion oder eine Injektion mit Procain.

Die Ursachen für den chronischen Rückenschmerz sollten dem Betroffenen in jedem Fall anhand der individuellen Befunde erklärt und eingeordnet bzw. richtig bewertet werden. So sind die bei übermäßigen Belastungen zum Vorschein tretenden degenerativen Veränderungen der Bandscheiben und Wirbelgelenke sehr häufig und per se nicht ernst. Erst wenn Nerven direkt unter Druck kommen, sich entzünden und Ausfälle zeigen (z.B. Lähmungen, Sensibilitätsstörungen), sollte neben einer sorgfältigen neuroorthopädischen Untersuchung und einer Laboruntersuchung eine Bildgebung (in der Regel MRT, ggf. auch CT) durchgeführt werden, um die Strukturpathologie genau zu erfassen. Wir bitten darum, dies immer ambulant und vor einer stationären oder teilstationären Behandlung im Schmerzzentrum durchführen zu lassen. Manchmal gibt es auch entzündliche Vorgänge an Nerven und Rückenmark (Borreliose, MS, CIDP), die durch eine Liquorpunktion und durch während des Aufenthaltes auf der Schmerzstation, schnell und unkompliziert abgeklärt und dann ggf. hochspezifisch behandelt werden können.

Behandlung

Bei den chronischen „spezifischen Rückenschmerzen“ wirken in der Regel auch ganz spezifische Maßnahmen. Im Folgenden eine kleine Auswahl an Möglichkeiten, die wir bei „spezifischen Rückenschmerzen“ anbieten:

  • Beeinträchtigung von Nerven durch Bandscheibengewebe: PDA, nervennahe Injektionen, Physiotherapie
  • Spinalkanalstenose mit engem Spinalkanal: PDA, Physiotherapie
  • Schwere Spinalkanalstenose (ein Segment): Überweisung zum Neurochirurgen
  • Wirbelgleiten mit Zug auf die Nervenwurzeln: PDA, Physiotherapie
  • Facettengelenkarthrosen: Facetteninfiltration, Mobilisation, Physiotherapie
  • Myofasziale Störungen: Akupunktur, therapeutische Lokalanästhesien Muskeltraining, Dehnung, Faszientherapie
  • Bei sehr starken Schmerzen: geeignete Opioide in möglichst niedriger Dosis Ziel: mind. 30% Schmerzreduktion
  • Bei Gangstörungen: Heil- und Hilfsmittel, z.B. Rollator, Stützkorsett, Gangschule
  • Stärkste neuropathische Schmerzen: Neurostimulator (Überweisung zum Neurochirurgen)

Chronischer „unspezifischer Rückenschmerz“ sollte immer auf körperlicher, psychischer und sozialer Ebene behandelt werden. Folgende Therapien und Ansätze sollten individuell beim „unspezifischen Rückenschmerz“ zum Einsatz kommen:

  • Ausdauer-, Kraft- und Funktionstraining
  • Entspannungstraining
  • Erkennen und Akzeptieren der eigenen Belastungsgrenzen
  • Abbau des Vermeidungsverhaltens
  • Erlernen von Stressbewältigungstechniken.

Medikamentöse Therapien haben beim „unspezifischen Rückenschmerz“ eher einen geringen Stellenwert. Wenn Schlafstörungen oder depressive Symptome vorhanden sind, können bestimmte Antidepressiva helfen, die einerseits schmerzdistanzierend und andererseits schlaffördernd wirken. Entzündungshemmer, Metamizol, Paracetamol und Opioide sollten nicht routinemäßig eingesetzt werden. Was außerdem gut helfen kann und nach Möglichkeit versucht werden sollte, sind Akupunktur, Schröpfen und die Selbstbehandlung mit einer Faszienrolle.

 
 
 
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